Gedichte

Gekröntes Ereignis (2020)

Es war einmal ein schwarzer Schwan
Der hatt es allen angetan
Alle kamen, ihn zu sehn
ließen alles lieg’n und stehn

Der Schwan der konnte friedlich ruhn
Wie es alle Schwäne tun
Gebannt erstarrte Mensch und Tier
Das war was besondres hier

Und weil alle nur noch guckten
Kaum noch mit der Wimper zuckten
Standen alle Rädchen still

Keine Schlöte rauchten mehr
Nichts verwirrt die Welt so sehr
Wenn ein schwarzer Schwan es will

Warum schreist du so, mein Herz? (2019)

Warum ist der Frühling so dumm, dieses Mal, es ist heißer jetzt, auch der Irak ist besetzt, und, ja, der große Bruder sitzt in Amerika, er lähmt, bedroht, beunruhigt mich. Mann klingt das depressiv, ist wohl schon massiv, aber alles was zählt, was Hoffnung gibt auf der Welt, ist eingestellt, ausgezählt, mir vergällt, abgewählt.

Der Vollmond der zu mir spricht, das Traumgesicht… ich höre es nicht. Meine Ohren sind zu, die Augen sind zu, ich sehne mich, du, ich sehne mich nach dir. Die Bäume sind grün, die Berge sind schön, ich könnte spazieren gehen, allein, wenigstens einsam sein, doch schreit dann mein Herz so laut, warum schreit es nur, ich will es nicht mehr hörn, es hat Hunger mein Herz, es hat Hunger nach dir, es verhungert in mir, es brach entzwei, ist schon kaputt, bereit für den letzten Wurf, den Wurf auf den Schutt.

Die Welt hat ihren Schleier angelegt, der Theatervorhang ist zu, ich bin wie ein Fisch, ohne Luft, ohne Hoffnung, ohne Stimme zu schrein. Wem sollt ichs auch sagen, mir geht’s an den Kragen in diesen Tagen, ist alles zu spät, alles, vom Winde verweht, die letzten Funken, der Hoffnung verlöscht, zerstoben, zertreten, zu Asche gemacht, von allen verlacht, umgebracht.

Vielleicht ists ja egal, vielleicht ists ja okay, vielleicht solls ja so sein. Aber was ist mit den genialischen Flügen, den engelsgleichen Schüben, der Leichtigkeit des Flugs, dem vielen, vergangenen Glück? Ich will es zurück, ich schenke es weg, ich gebe es allen, bevor sie fallen.

Der Tod des Herkules (2019)

Am Abend des vierundzwanzigsten März zog Herkules seine Jacke aus und legte sich auf das Moos unter den Bäumen. Seine starken Arme waren ihm schwer geworden, sein langer Atem keuchte. In den kahlen Baumkronen erblickte er die Umrisse einer Welt, die sich vergeblich darum bemühte, rund zu sein. Im Halbschlaf beobachtete er einen Schnitter, dem die Bäume vollkommen hilflos ausgesetzt waren. Mutwillig sprang er durch die Kronen, schnippte hier ein Zweiglein dort ein Ästchen. Im Dämmerlicht leuchtete die Sichel des Schnitters, dessen Umrisse dabei im Dunkel verschwammen.

Müde fiel Herkules ein, dass seine Auftraggeber verschollen waren, er konnte sich nicht einmal mehr an den versprochenen Lohn erinnern. Niemand war für seine Auszahlung zuständig, völlig andere Wesen lebten auf diesem Planeten. Das Moos roch modrig und in der Kühle des Abends fühlte er sich alt. Es war ganz still als die Sonne im Westen unterging, nur sein Herz schlug noch. Im Dunkel der Nacht war die Sichel des Schnitters das einzige, das Leuchtkraft besaß und von ihrem Licht geblendet, schloss er die Augen. Niemand wusste, wer an seiner statt wachen sollte. Am Morgen des fünfundzwanzigsten März erwachte Herkules nicht mehr aus seinem Schlaf. Die Sichel des Schnitters hatte seinen Stammbaum gefällt. Hilflos klagten einzelne, unwissende Schößlinge über ihr Schicksal, doch ihr Rufen hatte keinen Adressaten mehr.

Lieben (2018)

Sie ist da. Überall, in der Luft, in der Welt, sie schwirrt, ist präsent ich seh sie nicht und doch bin ich verbunden, sogar an sie gefesselt, ich möchte es erkunden, möchte alles wissen, aber nein, nicht so genau, es ist schön, so vage zu gehen, so zu schweben, über den Dingen zu stehn, Sie zu lieben.

Ich habe sie gesehn, zufällig gesehn, ich habe sie gesucht, ich habe sie gefunden, sie ist mein Ziel, sie ist was ich will, ich träume, ich bin glücklich, es fliegen mir die Stunden, die Tage dahin, nichts kann mich verletzen, nichts kann sie ersetzen, es ist geil, so zu lieben.

Du bist mein Planet, du bist mein Magnet, du bist stark, du bist schön, du bist die Natur, du bist die, die nie untergeht, die immer neu entsteht, die sich wehrt, die gebiert, wie machst du das bloß. Du bist der Morgen, du bist der Tag, du bläst meine Sorgen weg, du bist die, die ich mag.

Wir können uns verbinden, wir können uns erfinden, zusammen sind wir stark, wir sind groß, wir sind unbesiegbar, wir sind Himmel und Erde, Mann und Frau, das ist es, genau, wir, das Traumpaar aus dem Dunkel der Nacht, hoch gebracht, aufgewacht, an den Tag, ans Licht, ein Schwergewicht.

Gerädert (2018)

Die Pflicht ruft, schrill, unüberhörbar, laut, überhaupt sind meine Ohren wie zugedröhnt vom Lärm dieser Rufe, dieser Welt, Widerspruch zwecklos, Einhalt wird nicht geboten. Zarte Geräusche, das Zwitschern der Vögel, das Surren der Insekten, leise Hilferufe, auch geflüsterte Liebesworte, verhallen ungehört, niedergebrüllt vom vereinten Chor des motorisierten Unterwegsseins zum Nirgendwo, des Seins zum Tode.

Räderwerke der Maschinen, ein Getriebe, aus dem es kein Entrinnen gibt, das Folterwerkzeug unserer Zeit, unschuldigen Verweigerern werden keine Knochen gebrochen doch am Ende steht das Urteil unerbittlich fest: Tod durch das Rad.

Über all dem lautem unmelodiösem Stakkato erhebt sich aufdringlich gellend die Stimme des Geldes. Antrieb der Maschinengewalt, anonymes, unerschöpfliches Wasser auf das Mühlenmahlgetriebe, Sinnbild der Geister, die man rief und nicht mehr loswird. Alles überlagernde Oberstimme – Geld, Geld, Geld, Geld ist alles was zählt auf dieser Welt – ins Gehirn schleichende Soße, Kreativität auslöschende Wanze, eine Schleimspur der Verwüstung hinterlassend. Und der Chor der Clowns, zu diesem Rhythmus tanzend.

Aber ich will doch gar nicht reich sein, will doch nur frei sein und du sollst dabei sein, möchte nur ich sein und dabei dich sehn, langsam durch die Zeit gehen und ein bisschen am auch am Räderwerk drehn.